Nußbergstraße Braunschweig
Nußbergstraße
Die Nußbergstraße führt im Östlichen Ringgebiet vom Altewiekring bis zur Herzogin-Elisabeth-Straße. Der Name stammt vom Nußberg am Franzschen Feld, einer Erhebung von 20 m über Stadtniveau. Dieser Name hat, wie man meinen möchte, mit Nüssen nichts zu tun. 1279 unterhielt in diesem Bereich ein Mann namens Nottberg einen Steinbruch. Auf Karten Anfang des 17. Jahrhunderts wird der „Berg“ als Notber bezeichnet, woraus sich dann der Nußberg entwickelt hat.
Naherholungsgebiet mit Aussichtsplattform
Zur Naherholung ist das Gebiet sehr beliebt. Im Winter wird bei Schnee von der Anhöhe gerodelt. Eine Aussichtsplattform über einem Weltkriegsbunker erlaubt einen Blick über Braunschweigs Innenstadt. Alljährlich findet im Oktober das Drachenfest mit einer fünfstelligen Anzahl an Besuchern statt. Die Geschichte des Drachens beginnt 5 Jahrhunderte vor Chr. in Asien, wie die chinesische Geschichtsschreibung belegt. In Japan wurden Drachen als militärische Objekte genutzt, indem sie über die feindliche Armee stiegen und durch Lamellen Geräusche erzeugten, so dass die Gegner glaubten, böse Geister würden sie angreifen. Psychologische Kriegsführung sozusagen. Es soll auch riesige Drachen gegeben haben, von denen aus Bogenschützen den Feind attackierten. Ein Drache brachte Benjamin Franklin (1706-1790 – US-Staatsmann, Naturwissenschaftler und Schriftsteller) bei seinen Experimenten für einen wirksamen Blitzableiter weiter. Es wurde ein Drache an einem Metalldraht aufsteigen gelassen und dieser sollte dann von einem Blitz getroffen werden und der Metalldraht die Ladung auf den Boden ableiten. Bei uns dienen heute die Drachen hauptsächlich zum kindlichen Vergnügen in der Herbstzeit, wenn die Winde wieder richtig schön pusten.
1912: Blick zur ehemaligen Husarenkaserne am Altewiekring.
2016: Statt vieler schöner Bäume säumen heute vor allem parkende Autos die Straße.
8- bis 10-Familien-häuser
Wie man auf der Ansicht von 1912 sehen können, reiht sich ein 8- bis 10-Familien-Haus an das nächste. In der Ferne sehen wir die Husarenkaserne am Altewiekring. Zu dieser Zeit hier zu wohnen, in 2-, 3- oder 4-Zimmer-Komfortwohnungen mit fließend Wasser, beheizbaren Wohnräumen, zum Teil elektrischem Strom und Toilette auf halber Treppe, war etwas Besonderes. Die Oberschicht residierte zwar komfortabler, aber für Handwerker, kleine Angestellte, niedere Beamte und einfache Selbständige, die die hauptsächlichen Mieter dieser Wohnungen waren, war es Luxus. Durch die voranschreitende Industrialisierung kamen immer mehr Menschen in die Städte und der Wohnungsbedarf war enorm. Die Häuser wurden von Bauunternehmern errichtet und an Anleger als Ganzes veräußert. So kam der Handwerker oder Selbständige zu seiner Altersversorgung. Der Kaufpreis eines solchen Hauses mit 10 Parteien in der parallelen Comeniusstraße lag 1909 bei 49.000 Goldmark. Die Miete für eine 3-Zimmer-Wohnung mit 75 m² betrug etwa 28 Goldmark im Monat, bei einem Durchschnittsverdienst zwischen 60 und 100 Goldmark im Monat. Wenn man vom verfügbaren Einkommen ausgeht, war der Teil, der für die Wohnung aufgewandt werden musste, recht hoch. Bei den 8- bis 10-Familien-Häusern in der Nußbergstraße befanden sich die wassergespülten Toiletten auf halber Treppe, entweder für jede Wohnung eine oder eine für zwei Wohnungen. Das bedeutete im Extremfall eine Toilette für 8 bis 10 Personen. Trotzdem ein hygienischer Fortschritt, wenn man bedenkt, dass fast alle Deutschen auf dem Land Plumpsklos, Jauchegruben oder die Gegend für ihre Hinterlassenschaften nutzten. Schon 1596 erfand der Engländer Sir John Harington das Wasserklosett. Die Erfindung setzte sich aber nicht durch, da der Sage nach Königin Elisabeth I., in deren Schloss Windsor das WC installiert war, sich weigerte, es zu nutzen, da die Wassergeräusche den ganzen Hofstaat wissen ließen, wann die Königin menschlichen Bedürfnissen nachging.
Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.