Melanchthonstraße Braunschweig

Die Melanchthonstraße ist eine kurze Verbindungsstraße zwischen Madamenweg und Kreuzstraße im westlichen Ringgebiet Braunschweigs. Benannt wurde sie nach dem evangelischen Reformator Philipp Melanchthon (1497–1560).

Ein Weggefährte von Martin Luther

Er war ein Weggefährte von Martin Luther, ein hochgebildeter Mann, der 1518, ein Jahr nach Veröffentlichung der 95 Thesen Luthers, diesen in Wittenberg traf und fortan mit ihm, trotz theologischer Differenzen, bis zu Luthers Tod 1546 verbunden blieb. Er wurde auch „Praeceptor Germaniae“, Lehrer Deutschlands genannt. Melanchthon lehrte an der Universität von Wittenberg, die zu seiner Zeit eine der bekanntesten Universitäten in Europa war. Als Rektor der Universität sorgte Melanchthon für eine neue Studienordnung, für ihn war die klassisch-humanistische Bildung für evangelische Theologen unerlässlich. Melanchthon war Lehrer aus Leidenschaft, sein ungeheures Wissen ermöglichte es ihm, auf vielen Gebieten Vorlesungen zu halten und er konnte dabei Zusammenhänge anschaulich darstellen. Neben Kommentaren zu antiken Autoren schrieb er auch wichtige Lehrbücher zu Fächern wie Rhetorik, Ethik, Physik, Geschichte, Geographie und Astrologie. In zahlreichen Schulen des 16. Jahrhunderts waren seine Bücher als Unterrichtsstoff vorgeschrieben. Er war verheiratet und hatte vier Kinder, wovon eines im Alter von zwei Jahren starb. Die Melanchthonstraße wurde ab 1913 bebaut. 1914 waren die Häuser der Nr. 2 und 3 bewohnt. 1915 auch die Nr. 4, 5 und 6. Gebaut hatte die Häuser der Maurermeister Heinrich Bohnert, der am Madamenweg 146 wohnte. Die Häuser Melanchthonstraße 12 und 13 befanden sich gerade im Bau und wurden vom Maurermeister August Decker errichtet. Eine Konzession als Maurermeister schloss damals das Recht ein, selbst Häuser zu entwerfen und zu bauen, sofern es sich um keine Monumentalbauten handelte.

Melanchthonstraße

1918 – Blickrichtung Kreuzstraße, mittig ein zur damaligen Zeit seltenes Kraftfahrzeug.

2018 – mittig an der Kreuzstraße die ehemalige Zentrale der Baugenossenschaft Wiederaufbau.

Maurermeister entwarfen und bauten Häuser

Im 19. Jahrhundert waren die Baumeister vom Entwurf bis zur Realisierung für ein Bauwerk zuständig. In der Regel unterschieden sie sich von Architekten dadurch, dass sie zusätzlich zum meist eigenen Entwurfsatelier auch eine eigene Baufirma zur Verfügung hatten. Im Zuge der Industrialisierung bildete sich der Beruf des Architekten als eigene akademische Disziplin heraus. Neue Bauaufgaben (Statik, ingenieurtechnische Berechnungen usw.) erforderten eine theoretische Ausbildung an Architekturschulen und -akademien. Der Braunschweiger Bau­stadtrat Ludwig Winter (1843–1930) ließ sich die geplante Fassadengestaltung persönlich vorlegen und sorgte so dafür, dass Braunschweig in den Jahren um die Jahrhundertwende die schönen historistischen Fassaden bekam. Mittig auf unserer Ansicht von 1918 sehen wir in der Kreuzstraße einen Kraftfahrzeug-Lieferwagen stehen, zu dieser Zeit in Braunschweig noch eine Seltenheit. Anders als heute war unsere Region nicht mit Europas größtem Autobauer gesegnet, aber die Braunschweiger Firma Büssing stellte ab 1904 Omnibusse für 20 Personen und einer Geschwindigkeit von 16 km/h her. Die Automobil Betriebsgesellschaft Braunschweig, eine Tochter der Büssing Werke, richtete am 5. Juni 1904 eine regelmäßig befahrene Strecke Wendeburg-Braunschweig ein. Die ersten Büssing Decksitz-Linienbusse (Mitfahrer konnten in der Kabine und auf dem Dach sitzen) wurden als Serienproduktion schon im Jahr 1904 nach London exportiert. In Berlin verkehrten 1907 Büssing Decksitzomnibusse für bis zu 42 Personen (22 unten und 20 oben). 1971 wurde die Büssing Nutzfahrzeuge Produktion von MAN übernommen. Wir sehen die Tradition heute am Braunschweiger Löwen im Kühlergrill der MAN Fahrzeuge.

 

Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.

 

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