Mühlenpfordtstraße Braunschweig

Mühlenpfordtstraße

Die Mühlenpfordtstraße ist eine Verbindung zwischen Rebenring und Wendentor. Bis 1946 gehörte dieses Teilstück zur Hamburger Straße. Der Namensgeber ist der Architekt und Universitätsprofessor Carl Mühlenpfordt (geboren am 12.02.1878 in Blankenburg). Er studierte an der TU Braunschweig Architektur und war 1896 Mitglied der Braunschweiger Burschenschaft Alemania.  1813 mit der Völkerschlacht von Leipzig endet im engen Sinn die französisch-napoleonische Vorherrschaft in den deutschen Staaten. Deutschland war wie zuvor in viele kleine und größere Territorien zersplittert. Nun entwickelten sich Deutsch-Nationale Einstellungen und Bestrebungen. Triebfeder hierbei waren die sich bildenden Burschenschaften (im damaligen Sprachgebrauch war der Bursche ein Student), die bei der weiteren Entwicklung Deutschlands zu einem einheitlichen Nationalstaat eine wesentliche Rolle spielten. 1848 bei dem dann leider missglückten Versuch der deutschen Einigung in der Frankfurter Paulskirche standen diese Studentenverbindungen in vorderster Front. Aus dieser Tradition heraus waren die Burschenschaften national-konservativ im positiven Sinne, ohne auch nur irgendetwas mit den späteren Nationalsozialisten des dritten Reichs zu tun zu haben.

Carl Mühlenpfordt untersuchte historische Bauten

Carl Mühlenpfordt war in Holzminden, Kassel, Lübeck, Berlin und Braunschweig tätig. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit war die Bestandsaufnahme und Untersuchung von historischen Bauten. In Braunschweig lehrte er von 1914 bis 1933 Architektur und wurde dann als Nationalkonservativer von den Nationalsozialisten entlassen. Er starb 1944 in Lübeck; wo es aufgrund seiner herausragenden Arbeit auch eine Carl-Mühlenpfordt-Straße gibt.  Anfang des 19. Jahrhunderts klagten viele Braunschweiger über die Rauchbelästigung von Gewerbebetrieben, daher wurden etliche Betriebe im Laufe der Zeit, auch wegen der Brandgefahr, vor die Tore der Stadt verlegt oder dort neu angesiedelt. Dieses traf auch auf die heutige Mühlenpfordtstraße zu, die zu der Zeit außerhalb der Stadt (vor dem Wendentor) lag.

 

Mühlenpfordtstraße heute

1907: Bis 1946 gehörte das Teilstück noch zur Hamburger Straße.

2016: Vorne rechts, das Informatikzentrum der TU, das Ende 2001 als Anbau fertiggestellt wurde.

Zichorien- und Wachstuchfabrik

In der Mitte des 19. Jahrhunderts befanden sich in dem Bereich unter anderen 2 Zichorien- und eine Wachstuchfabrik. Wachstücher stellt man aus Baumwolle, Flachs oder Jute her und überzieht sie mit Firnis oder Ölfarbe, dadurch werden sie wasserdicht. Sie wurden unter anderem zum Verpacken von Gütern in der Schifffahrt benötigt.

In den Zichorienfabriken wurde die Gemeine Wegwarte (lat.: cichorium intybus) verarbeitet. 1766 verbot König Friedrich II. von Preußen die Einfuhr von teurem Bohnenkaffee, um die „Außenhandelsbilanz“ Preußens zu verbessern. Daraufhin erfand der Braunschweiger Gastwirt Christian Gottlieb Förster einen Ersatzkaffee aus der Wurzel der Gemeinen Wegwarte (Zichorien).

 

 

Zentrum des Ersatzkaffees

Braunschweig entwickelte sich zu einem Zentrum dieses Ersatzkaffees und hatte gegen 1795 circa 22 Betriebe. Der Herstellungsprozess ist einfach. Zuerst wird in Trocknungsöfen der Wassergehalt der Wurzeln reduziert und danach werden sie geröstet. Nun werden die Wurzeln zermahlen und zum Teil Zuckerrüben, Speisefette, Kochsalz und Alkalicarbonate hinzugefügt. Der fertige Ersatzkaffee hat eine intensive karamellbraune Farbe und einen an echten Kaffee erinnernden Geschmack, wie wir ihn heute noch beim „Caro-Kaffee“ finden. Vergleicht man die Ansicht von 1907 mit der heutigen, sehen wir heute rechts das Informatikzentrum der TU. Der rechte Brückenpfeiler der Wendentorbrücke ist nicht mehr, dafür aber der linke. Ansonsten ist hier ausschließlich eine Nachkriegsarchitektur vorhanden.

 

 

Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.

 

 

 

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