Karlstraße Braunschweig

Die Karlstraße verläuft im östlichen Stadtgebiet von der Gliesmaroder Straße über den Hagenring bis zur Böcklinstraße. Sie hieß zuvor „Gliesmaroder Fußweg“ und neben ihr floß der „Karlskanal“. Diesen Kanal ließ der Braunschweiger Herzog Karl I. (1713-1780) Mitte des 18. Jahrhunderts hier zur Beförderung von Brenn- und Baumaterial (Holz und Steine) in die Stadt anlegen. Nachdem der Kanal nicht mehr benötigt wurde, wurde er nach und nach zugeschüttet. Mit der Aufteilung des Gemeindelandes (Hagenbruch) begann ab 1849 die systematische Bebauung. Herzog Karl dem 1. wurde die Straße ab 1874 dann in Erinnerung gewidmet. Nachdem er 1753 seine Residenz von Wolfenbüttel nach Braunschweig verlegte, gründete er die Braunschweigische Brandkasse, heute die Öffentliche Sachversicherung Braunschweig, das herzogliche Leihhaus, heute die Braunschweigische Landessparkasse, die Porzellanmanufaktur Fürstenberg sowie das Collegium Carolinum, heute die Technische Universität.

Kulturelles und wirtschaftliches Zentrum

Durch seine Reformen und die Unterstützung der Wirtschaft im Sinne der Aufklärung wurde Braunschweig ein kulturelles und wirtschaftliches Zentrum in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Die Verpflichtung von Gotthold Ephraim Lessing als Bibliothekar für die Herzog August Bibliothek geht auf seine Initiative zurück. Er förderte auch die Gründung von Manufakturen wie die von dem aus Lobenstein in Thüringen stammenden Georg Heinrich Stobwasser. Seine Produkte als Stobwasser-Dosen bekannt, sind heute in der Sammlerwelt ein Begriff und enorm teuer. Im Grunde eine einfache Vermischung von Pappmaché und „mehrschichtiger“ asiatischer Lackmalerei, wurden diese Arbeitstechniken von Stobwasser bis zur Perfektion verfeinert und von hochklassiger Künstlerhand in Miniaturmalerei in Szene gesetzt.

Die Schnupftabak- und Tabakdosen ließen sich aufgrund der Größe vorzüglich sammeln. Die begüterte Kundschaft, Adel und vermögendes Bürgertum, rissen sich darum. Der preußische König Friedrich II. versuchte Stobwasser abzuwerben, es entstand allerdings nur eine Berliner Niederlassung. Die Fabrikation der Firma erstreckte sich auch auf weitere Bereiche der Lackierung wie von Tabletts, Geschirr, Etuis oder auch Kutschen und beschäftigte 100 Mitarbeiter in Braunschweig. Das ehemalige Stammhaus hat den Krieg überstanden und befindet sich in der Echternstraße 16. Braunschweig war zu dieser Zeit ein gleichbedeutendes europäisches Zentrum der Lackkunst neben Frankreich, England, Belgien und Holland. Die Firma bestand hier bis 1863.

Konservenindustrie

Ein starker Braunschweiger Wirtschaftszweig war im 19. Jahrhundert die Konservenindustrie. In der Karlstraße 35 befand sich die 1895 gegründete Fabrik Brunsviga, heute ein Kultur- und Freizeitzentrum. Der Franzose Nicolas Appert (1749-1841) hatte eine Methode entwickelt, Lebensmittel durch Erhitzen und unter Ausschluss der Luft in Gläsern haltbar zu machen. Ab 1812 verwendete er Weißblechdosen. In Braunschweig begann die Produktion von Konserven um 1850. Franz Varrentrapp (1815-1877) Schüler von Justus von Liebig, der mit dem Fleischextrakt) regte die Konservierung von Spargel in Dosen an. Viele Unternehmen, die landwirtschaftliche Erzeugnisse zur Konservierung verarbeiteten, produzierten zunächst die dafür benötigten Dosen selbst, später etablierte sich eine Zulieferindustrie. Die Jahresproduktion der Braunschweiger Fabriken (1899 – 42 Unternehmen) lag Ende des 19. Jahrhunderts bei ungefähr 15 Millionen Kilodosen, die deutschlandweit verkauft wurden. Braunschweig wurde so zum Zentrum der deutschen Konservendosenproduktion. In der Hochzeit dieses Industriezweiges zwischen 1918 bis 1939 beschäftigte der „Verein der Konservenfabrikanten“ in Braunschweig fast 20.000 Mitarbeiter.

 

Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.

 

Zurück zur Übersicht