Deutsches Haus Braunschweig

Das Hotel Deutsches Haus befindet sich am Ruhfäutchenplatz im historischen Zentrum Braunschweigs. Zuvor stand hier ein altes Fachwerkensemble, in dem die Löbbecksche Erziehungsanstalt für weibliche Dienstboten untergebracht war.

Förderung junger besitzloser Mädchen

Dort wurden besonders „junge Mädchen aus der besitzlosen Unterschicht“ gefördert. Gegründet hatte die Anstalt unter anderem Luise Löbbecke (1808–1892), Tochter des Hofbankiers Ludwig Löbbecke. Sie wurde aufgrund ihres sozialen Engagements 1862 erste weibliche Ehrenbürgerin Braunschweigs. 1896 weihte eine herzogliche Ballgesellschaft den Neubau des Deutschen Hauses ein. Seit 1780 gab es zuvor ein Hotel gleichen Namens in der Neuen Straße. Der Eigentümer Robert Schrader verkaufte das Hotel in den 1890er Jahren, vergaß aber, sich die Namensrechte übereignen zu lassen. Dieses kostete ihn zwanzigausend Goldmark (Kaufkraft 2018 circa 175.000 Euro), da die neuen Eigentümer, die kein Hotel mehr betrieben, diese ihm nicht so überließen – Pech gehabt!

Neues Deutsches Haus am Ruhfäutchenplatz

Schrader ließ das neue Deutsche Haus am Ruhfäutchenplatz bauen. Seine Initialen und die seiner Frau Marie sind noch heute in Wappenform an den Mittelsäulen des Eingangs sichtbar. Auf der Burgplatzseite wurde ein Stück Fachwerkfassade des alten Deutschen Hauses eingebaut. Das Hotel hatte daneben auch eine Weingroßhandlung, wo man erlesene Tropfen aus aller Herren Länder bekommen konnte. Vielleicht war es das erste Haus am Platze, wie man damals zu sagen pflegte. Ab 1910 begannen im Haus Modernisierungen, man baute die ersten Badezimmer mit Toiletten ein. Im Jahr 1934 entstand der noch heute zu sehende Übergang zwischen Hotel und Burg Dankwarderode. Der Grund war das jährliche Fest des Reichsjägermeisters Hermann Göring. Dieser war einer der führenden deutschen nationalsozialistischen Politiker und trug maßgeblich zum Aufstieg der NSDAP bei. Er war unter anderem ab Mai 1935 Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe. Im Nürnberger Prozess wurde er als einer der Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof schuldig gesprochen. Dem Urteil „Tod durch den Strang“ entzog er sich durch Suizid.

Um 1908 das Deutsche Haus mit Türmchen und Erkern.

Vor dem Deutschen Haus stand hier die „Dienstbotenanstalt“. Ansicht vor 1890.

2018 – nach Krieg und Zeit ein schlichteres Äußeres mit einem Parkrondell davor.

Aber zurück zum Fest: Mit circa 400 Personen wollte Göring im Rittersaal der Burg feiern. So konnten die Gäste unbehelligt und trocken vom Hotel in den Saal gelangen. 1944 zerstörte eine Brandbombe Teile des Hotels, das Dach und das 3. Obergeschoss waren weg. Die englische Besatzungsmacht beschlagnahmte das Deutsche Haus nach dem Krieg bis 1949 und nutzte es als Offizierskasino. Leider rollten die Herren volle Bierfässer über die Marmortreppenstufen und begingen ähnliche „Verwüstungen“, jedenfalls sah das Hotel 1949 auch in den nicht zerbombten Bereichen sehr heruntergekommen aus. Gelder aus dem Marschall Plan halfen, das Haus wieder instand zu setzten. Heute ist es eine gute und zentrale Adresse mit einem empfehlenswerten Gastronomieangebot.

 

Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.

 

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