Ölschlägern Braunschweig
Ölschlägern im Braunschweiger Magniviertel bezeichnet eine Straße zwischen der Kuhstraße und der Ritterstraße. Bis in die 1860er Jahre ging die Straße nur bis zum Ackerhof. 1392 ist hier von einem olslegerhuse die Rede. Es gab in dieser Straße mehrere Häuser mit ähnlichen Bezeichnungen. 1459 kommt die Olslegerstrate vor. In Steuerbüchern lautet die Bezeichnung seit 1620 Oelschlägern. Öl aus Pflanzenfrüchten
Öl aus Pflanzenfrüchten
Ölschläger war ein Handwerksberuf. Der Ölschläger produzierte Öl aus Ölsaaten wie Raps, Leindotter oder Ölrübsen (Pflanzen der Familie der Kreuzblütengewächse, die Kronblätter der Blüte bilden ein Kreuz). Schlagen deswegen, weil der Handwerker die Pflanzenfrüchte in Leinensäcke gefüllt zwischen Platten durch Einschlagen von Keilen ausgepresst hat. Zurück blieb das wertvolle Öl und der ausgedrückte Rest, der Presskuchen, der als Viehfutter diente. Das Öl nutzte man zur Nahrungsmittelbereitung, als Schmierstoff, Lampenöl und auch zum Drucken nach Einführung Gutenbergs beweglichen Lettern, denn die schwarze Druckfarbe bestand aus Leinöl und Ruß. 1823 gab es noch 3 Ölschläger in Braunschweig. Ein altes Handwerk, das ausgestorben ist. Die Ölmühlen produzierten große Mengen wesentlich schneller und waren dadurch ökonomischer. Es gibt zentrale und dezentrale Ölmühlen. Bei den zentralen werden heute bis zu
4.000 t Ölsaat industriell am Tag verarbeitet. Im Verfahren der Heißpressung und Extraktion ist die Ausbeute an Öl sehr intensiv und es werden große Mengen erzeugt. Die dezentralen Ölmühlen sind kleine Mühlen in verschiedenen, meist ländlichen Gebieten und verarbeiten am Tag nur zwischen 0,5 t und 25 t Ölsaat, hier werden die ölhaltigen Pflanzenteile kalt gepresst, durch die schonende Verarbeitung erhält man natives (natürliches, unverändertes) Pflanzenöl, erreicht aber nicht die hohe Ausbeute der Heißpressung. Natives Öl ist bekömmlicher und gesünder als heiß gepresstes, da beim Extraktionsverfahren neben den Lösungsmitteln und Schwermetallen auch die für den Organismus guten Anteile des Öl entfernt werden. Ein Tipp ist das kretanische native Olivenöl, das einen Geruch nach Gras hat und sehr bekömmlich und gesund ist.
Hofschlosser Lüders
Eine Familie Lüders ist im Bereich des Magniviertels schon 1843 nachweisbar. Erst am Magnikirchhof, 1857 Umzug in ein größeres Haus Ölschlägern 17 mit viel größerem Grundstück (heute geht hier die Schloßstraße durch) Die Familie war als Hofschlosser tätig, ab 1871 auch als Betreiber einer Maschinenfabrik und Eisengießerei, um 1890 auch als Geldschrankfabrikanten mit einem Ladengeschäft am Kohlmarkt 3. Mit dem Aufstieg des Bürgertums als eine wirtschaftliche Macht und damit einhergehend die Vermehrung von Geld, Schmuck, Edelmetallen und Wertpapieren in privater Hand bestand zunehmend die Notwendigkeit, diese Werte vor Diebstahl und Untergang durch Brände zu schützen. Ab 1870 gab es einen Boom bei der Nachfrage nach Geldschränken, deren schöne alte Exemplare gerade in unserer Zeit einen besonderen Reiz optischer und technischer Art bieten.
1906: Die Kopfsteinpflaster-Straße im Magniviertel zwischen der Kuhstraße und der Ritterstraße.
2016: Eine Asphaltdecke und parkende PKws beherrschen das Straßenbild. In nördlicher Richtung: Die Magnikirche.
Kriegszerstörung
Anders als der Betrachter auf den ersten Blick 2016 glauben würde, hat der Ölschlägern mit seinen Fachwerkhäusern (auf der alten Ansicht von 1906) die Bombenabwürfe des 2. Weltkrieges relativ glimpflich überstanden. Von 43 vorhandenen Häusern weist die Schadenskarte der Stadt von Mai 1945 nur 17 Totalzerstörungen aus. 21 Häuser wurden leicht bis gar nicht und 5 stärker beschädigt. Heute gehört die Straße zur Braunschweiger „Traditionsinsel“ Magniviertel. Bleibt zu hoffen, dass die Richard Borek Stiftung ihrem erworbenen Fachwerkensemble zum Ackerhof hin (unter anderem früher Zoo-Adam) baldmöglichst wieder zu altem Glanz verhilft.
Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.